Samstag, 9. Dezember 2023, Berliner Zeitung
Hier spart der Bär
Berlin rase auf eine Abbruchkante zu, warnen die Linken vor der letzten Runde der Haushaltsberatung in Berlin. Wofür gibt die Stadt Geld aus? Wo könnte sie was kürzen? Und: Wie sehen Berlins Finanzpläne fürs kommende Jahr aus? Eine Analyse
Nathan Giwerzew und MaximiliaN BOTH
Das Verfassungsgericht hat dem Bundeshaushalt die Beine weggeschlagen. 60 Milliarden sind futsch. Die Ampel wackelt. Doch das Urteil trifft nicht nur die Finanzpolitik des Bundes ins Mark. Auch die Länder tricksen gern mit der Schuldenbremse. Die Angst geht um, dass auch in Berlin nicht mehr auf Pump investiert werden kann. Die 5 Milliarden Euro, die der Senat für klimaschutzkonforme Gebäudesanierung vorgesehen hatte, was ganz nebenbei ein schönes Grunderneuerungsprogramm für Polizeistationen, Feuerwehrwachen und Krankenhäuser hätte sein sollen, liegen schon auf Eis. Und so pocht Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, dessen Stadt mehr als jede andere in Deutschland für Transferleistungen und Migration ausgibt, auf eine Reform der Schuldenbremse. „Wir haben alles ausgegeben, nur um den Laden am Laufen zu halten“, sagt er. Jetzt bleibe nichts mehr für Investitionen. Doch wofür geben Wegner und Co. eigentlich die vielen Milliarden aus? Wo könnte gespart werden? Wie viele Einnahmen verzeichnet die Hauptstadt, wie viel gibt der Senat für welche Zwecke aus? Wo investiert das Land? Spart es irgendwo? Und vor allem: Wann kann Berlin endlich mit einem beschlossenen Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 rechnen? Wir haben uns umgehört.
Das Karlsruher Urteil zum Nachtragshaushalt der Ampel-Koalition hat Deutschlands Haushaltspolitiker aufgeschreckt. Der Bundeshaushalt für 2024 wird in diesem Jahr nicht mehr verabschiedet. Ab Januar gilt der Grundsatz der vorläufigen Haushaltsführung. Dann sind nur Ausgaben möglich, die notwendig sind, um die Verwaltung am Laufen zu halten und unmittelbare finanzielle Verpflichtungen zu erfüllen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hat überdies die Möglichkeit, seinen Ministerkollegen einen gewissen Prozentsatz der im vorläufigen Haushalt hinterlegten Mittel freizugeben.
Auch über den Berliner Haushalt für die kommenden zwei Jahre wird seit September beraten. Jetzt geht die Haushaltsberatung des Senats in die letzte Runde. Mit dem Beschluss des Doppelhaushalts, heißt es gleichwohl aus Senatskreisen, sei in diesem Jahr auch in Berlin nicht mehr zu rechnen.
Für die Bewältigung seiner Aufgaben standen dem Senat in diesem Jahr 37,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Die Finanzverwaltung rechnet gleichzeitig bis Jahresende mit Einnahmen in Höhe von 39,8 Milliarden Euro. Ein ausgeglichener Haushalt, könnte man meinen. In dem Berliner Etat sind allerdings neben den Steuereinnahmen des Landes in Höhe von 28,8 Milliarden Euro auch zweckgebundene Bundeszuschüsse wie für das Bürgergeld und Sondereffekte wie Vermögensveräußerungen enthalten. Die bereinigten Einnahmen des Landes Berlin betragen in diesem Jahr voraussichtlich nur noch knapp 37 Milliarden Euro.
Eine Lücke von 2,8 Milliarden Euro
Überhaupt nimmt die Finanzwirtschaft mit etwa 10 Prozent einen immer wichtigeren Teil unter den Berliner Ausgabenposten ein. Die Aufgabe der Finanzwirtschaft liegt darin, „fällig werdende Kredite“ zu refinanzieren und zum anderen „Ausgaben der im Haushaltsplan aufgeführten finanziellen Transaktionen in Zusammenhang mit Eigenkapitalzuführungen an landeseigene Unternehmen“ zu decken, erklärt ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen. Hinzu kommen die Schulden der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen, die nicht im Haushalt aufgelistet sind – laut Finanzverwaltung haben diese „Verpflichtungen“ in Höhe von 25,8 Milliarden Euro. Außerdem kommen diverse weitere landeseigene Unternehmen hinzu, deren Finanzen ebenfalls nicht im Haushalt verzeichnet sind.
Ebenfalls brisant: Im Entwurf zum kommenden Doppelhaushalt 2024/25 klafft zwischen Einnahmen und Ausgaben eine Lücke von 2,8 Milliarden Euro für 2024 und 2,5 Milliarden Euro für 2025. Doch erst vergangene Woche dann der nächste Paukenschlag: Der Doppelhaushalt soll noch größer werden als geplant. Mit rund 900 Millionen Euro an Mehrausgaben rechnet der Senat, der dem Abgeordnetenhaus eine „Nachschiebeliste“ in Höhe von 882 Millionen Euro vorgelegt hat.
Zusätzliche Kostenpunkte sind unter anderem: die Unterbringung von Flüchtlingen (300 Millionen Euro), die Förderung von Schulen in freier Trägerschaft (20 Millionen Euro), die Durchführung des Sicherheitsgipfels beim Regierenden Bürgermeister (28,5 Millionen Euro) sowie die Kosten der Fußball-EM 2024 (21,75 Millionen Euro). Aus Oppositionskreisen ist zu hören, dass es dabei nicht bleiben soll: Von bis zu vier Milliarden Euro ist die Rede, die im Doppelhaushalt 2024/25 vorgesehen sind – für die es aber noch keine Gegenfinanzierung gibt.
Die soll nun zum einen mithilfe von Einsparungen erwirtschaftet werden – durch Kürzungen unter anderem von Förderungen im Bereich der freien sozialen Träger innerhalb der Stadt und der Bezirke (im Behördenjargon: „Pauschale Minderausgaben“, kurz PMA) in Höhe von etwas über vier Milliarden Euro – sowie durch das Auflösen von Rücklagen in Höhe von 4,6 Milliarden Euro.
Für die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus ist das ein handfester Skandal. Steffen Zillich, Parlamentarischer Geschäftsführer und haushaltspolitischer Sprecher, sagte der Berliner Zeitung: „Schwarz-Rot verhält sich durch sein Kürzungsprogramm nicht nur verantwortungslos gegenüber den sozialen Trägern, die Regierungskoalition droht auch alle Rücklagen restlos aufzubrauchen.“ Man habe Vorschläge für Einsparungen und Steuereinnahmen an anderer Stelle vorgelegt, die die Koalition jedoch nicht berücksichtigt habe, so der haushaltspolitische Sprecher der Linken.
Dass Schwarz-Rot einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt habe, ist für Zillich eine Mogelpackung. Der Haushalt enthalte pauschale Minderausgaben von 2 Milliarden Euro pro Jahr, also Kürzungen, die noch erbracht werden müssen. Und das, obwohl bereits Rücklagen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro pro Jahr eingeflossen seien. Diese wiederum habe die vorige rot-rot-grüne Koalition eigentlich nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern, „sondern für künftige Investitionen und zur Entlastung der Bürger von der Energiekrise vorgesehen“.
Für das, was nach 2025 alles komme, sagt Zillich, habe Schwarz-Rot keine Vorkehrungen getroffen. Man steuere geradewegs auf eine soziale Abbruchkante zu. „Eine zweite Ära Sarrazin wird sich Berlin nicht leisten können“, bekräftigt Anne Helm, die Fraktionsvorsitzende der Linken im Abgeordnetenhaus. Dass Berlin seine Rücklagen aufzubrauchen droht, bestätigt die Finanzverwaltung auf Anfrage. Der Entwurf zum Doppelhaushalt sehe in der Tat „die weitgehende Auflösung der derzeit bestehenden Rücklagen“ vor, so ein Sprecher.
Die Kostenpunkte? Man plane Kreditaufnahmen „für Eigenkapitalzuführungen an Landesunternehmen“. Darüber hinaus seien „für das geplante Sondervermögen in den kommenden Jahren“ zusätzliche Kreditaufnahmen vorgesehen. Dabei handle es sich um „eine einmalige Kraftanstrengung zur Bewältigung der aktuell geballten Herausforderungen“, versichert der Sprecher.
Das Sarrazin-Trauma sitzt tief in der Stadt. Als Finanzsenator hat Thilo Sarrazin zwischen den Jahren 2002 und 2009 den Ruf eines knallharten Sanierers erworben. Seine Methoden waren nicht unumstritten, so fiel der große Abverkauf der landeseigenen Wohnungen in seine Amtszeit. Gleichzeitig müssen auch politische Gegner anerkennen, dass es Sarrazin trotz widriger Bedingungen gelungen ist, ein Haushaltsdefizit von 5,2 Milliarden Euro pro Jahr zu schließen.
Die FDP warnt vor einer Überschuldung und Wegners Prinzip eines Weiter-so. Der FDP-Landesvorsitzende Christoph Meyer, Bundestagsabgeordneter, sagt der Berliner Zeitung: „Wie schon Rot-Grün-Rot haben auch CDU und SPD keinen Kompass und keine Vision für die Stadt. Kaum Priorisierung, keine Konsolidierung. Genau das spiegelt auch der ständige Wunsch von Kai Wegner zum Schleifen der Schuldenbremse wider.“ Die Hauptstadt sei, so Meyer, gefangen im Weiter-so. Auch die CDU versuche, jeden auftretenden Streit mit dem Koalitionspartner durch noch mehr Geld zu kitten.
„Das macht den Doppelhaushalt zu einem riesigen ungedeckten Scheck. Die gigantische Summe der pauschalen Minderausgaben – also der notwendigen Einsparungen, von denen noch niemand weiß, woher sie kommen sollen – von annähernd fünf Milliarden Euro in den nächsten zwei Jahren zeigt, dass Kai Wegner und Co. unfähig sind, zu priorisieren und zu konsolidieren.“ Für die FDP ist klar: Statt Milliarden Euro für „Sinnlos-Vorhaben“ wie das „Berlin-Abo“ oder Rekommunalisierungen „zu verschleudern“, hätte sich Schwarz-Rot auf die staatlichen Kernaufgaben konzentrieren und diese solide finanzieren müssen. „Eine schlankere, effizientere und besser aufgestellte Verwaltung, die Reaktivierung des Aufstiegsversprechens und der zügige Bau von Wohnungen für die Berlinerinnen und Berliner bleiben somit auf der Strecke. Kai Wegner hat den Politikwechsel angekündigt – am Ende werden es aber leider nur drei verlorene Jahre für die Stadt“, sagt FDP-Landeschef Christoph Meyer.
Doch in einem dürften sich die meisten Landespolitiker einig sein: Berlin hat einen massiven Investitionsstau. Seien es Ausgaben für die öffentliche Infrastruktur, den sozialen Wohnungsbau, Förderung von Bildung und Schulen oder die Digitalisierung der Verwaltung – überall muss investiert werden. Hinzu kommen Investitionen in die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur, des Strom- und Wärmenetzes und des Gebäudesektors.
Denn Berlin, das schreibt das Klimaschutzgesetz der Ampel vor, soll genau wie alle anderen Bundesländer auch bis 2045 klimaneutral werden. Wie massiv der Investitionsbedarf ist, zeigt nicht zuletzt das Beispiel des landeseigenen Stromnetzes: Nach aktuellen Angaben kostet der Umbau der Berliner Stromnetze für die Wärme- und Energiewende rund zwei Milliarden Euro. Bis 2045 soll sich der Stromverbrauch in der Hauptstadt voraussichtlich verdoppeln. Mit der geplanten Installation tausender Wärmepumpen und Ladestationen für Elektroautos führt nichts am Ausbau der Stromnetze vorbei. Schon jetzt ist vonseiten des Berliner Stromnetzes von möglichen Strom-Drosselungen die Rede, sollte der Energiebedarf die verfügbare Strommenge übersteigen.
Wegner will nicht sparen
Kein Wunder also, dass Kai Wegner auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gar nicht gut zu sprechen ist: „Der Investitionsbedarf kann durch den Landeshaushalt niemals gedeckt werden“, sagte er im Interview mit der Berliner Zeitung und sprach sich für eine Reform der Schuldenbremse sowie für die weitere Aufnahme von Schulden aus. Er brachte das Ausrufen einer Notlage ins Spiel, um die Ausgaben überhaupt stemmen zu können. In Krisenzeiten müsse Deutschland nicht sparen, sondern investieren, so Wegner. Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts von Mitte November dürfte das sehr schwierig werden: Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse droht die ambitionierten Investitionspläne des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) zu vereiteln.
Der Hintergrund: Am 15. November urteilte das Bundesverfassungsgericht anlässlich einer Klage des CDU-Chefs Friedrich Merz, dass die Umschichtung von Corona-Kreditermächtigungen in diverse Sondervermögen verfassungswidrig sei. Somit stehen jetzt Leuchtturmprojekte der Ampel-Regierung auf der Kippe, wie etwa der Klima- und Transformationsfonds (KTF), in dem 60 Milliarden Euro aus Corona-Hilfen stammen – oder der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) im Umfang von 200 Milliarden Euro, besser bekannt als „Doppelwumms“, mit dem die Folgen der Energiekrise abgefedert werden sollten.
Das Urteil aus Karlsruhe hat mittelbar auch Folgen für Berlin. Der Senat plante eigentlich, noch in diesem Jahr ein Klima-Sondervermögen im Umfang von 5 Milliarden Euro auf den Weg zu bringen, das auf eine Summe von bis zu zehn Milliarden Euro hätte aufgestockt werden können. Noch vor dem Urteil aus Karlsruhe meldete der Landesrechnungshof Bedenken an. Voraussetzung für das Sondervermögen wäre die Ausrufung einer Notlage, teilte die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Karin Klingen, Anfang November mit. Die vom Senat angeführte Klimakrise sei „eine Daueraufgabe“ und „keine eindeutig umrissene Notsituation“, so Klingen weiter. Auch hinsichtlich der Energiekrise habe der Senat in seinem Gesetzesentwurf nicht ausgeführt, inwiefern diese die Finanzlage des Landes beeinträchtige. Jetzt prüfe man bis Ende Januar, ob und inwiefern man das Klima-Sondervermögen auf eine neue rechtliche Grundlage stellen müsse, heißt es aus dem Senat.
Die Linksfraktion unterstützt zwar den Regierenden Bürgermeister bei seinem Engagement für eine Reform der Schuldenbremse, um alle nötigen Investitionen tätigen zu können. Gleichzeitig gibt sie zu bedenken, es müsse eine Lösung dafür her, wie sich die nötigen Investitionen auch mit Schuldenbremse finanzieren ließen. Der haushaltspolitische Sprecher Steffen Zillich schlägt vor, Berlin solle die Kreditaufnahmen an die landeseigenen Unternehmen auslagern. Deren Schulden sind immerhin nicht im Gesamthaushalt verzeichnet. Ein weiteres probates Mittel: Transaktionskredite – Kredite also, die den Landeshaushalt nicht unmittelbar belasten und auch nicht der Schuldenbremse unterliegen. 1,2 Milliarden Euro könne Berlin 2024 und 2025 auf diese Weise einsparen, rechnet Zillich vor. Nicht viel Geld, wenn man die Gesamtausgaben der Stadt in den Blick nimmt.
Ein weiteres Problem für Berlin sind die teuren Zinsen, die die Stadt für Kreditaufnahmen zahlen muss: Die Niedrigzinsphase, als Berlin günstig Kredite aufnehmen, Schulden tilgen und investieren konnte, sind vorbei. Allein für die Tilgung von Zinsen und „sonstigen Kreditmarktmitteln“ war im Berliner Haushalt für das laufende Jahr rund eine Milliarde vorgesehen – womit sie inzwischen an Platz eins der teuersten Einzel-Ausgaben steht. Es wird künftig eher noch teurer, denn günstige Kredite aus der Nullzinsphase müssen nach und nach durch teurere Kredite abgelöst werden. Die hohen Zinsen bekam kürzlich auch das landeseigene Berliner Stromnetz zu spüren. Diesem fehlen für das kommende Jahr 250 Millionen Euro an Eigenkapital, um die Stromnetze für die Wärme- und Energiewende zu ertüchtigen. Eine Viertelmilliarde entspricht rund zehn Prozent der Bilanzsumme des landeseigenen Unternehmens. Woher das Geld kommen soll? Unklar.
Auf Anfrage der Berliner Zeitung beschwichtigt die Finanzverwaltung: Das Land habe sich in den vorangegangenen Jahren sehr langfristig zu günstigen Zinssätzen refinanzieren können. „Die gewählte Kapitalmarktstrategie dämpft den Effekt des Zinsanstieges“, erklärt ein Sprecher. Auch der Linken-Sprecher Zillich, der an der Ausarbeitung des Haushalts der ehemaligen rot-rot-grünen Koalition beteiligt war, sieht die Lage alles andere als pessimistisch. In der Haushaltskrise der frühen 2000er-Jahre hätten die Zinsausgaben noch die Personalausgaben des Landes überstiegen. Tatsächlich habe der Senat für den Anstieg der Zinssätze vorgesorgt, unter anderem, indem er schon seit längerem auf sogenannte „innere Darlehen“ zurückgreift. Der Senat verschuldet sich dabei bei sich selbst, erklärt Zillich: Er nehme Kredite aus den eigenen Sonderrücklagen oder -vermögen auf, nur ohne die Zinsen, die er sonst auf dem Markt zahlen müsste. Doch das ist nicht in allen Fällen möglich. Wie hoch die Zinssätze für Kreditaufnahmen derzeit liegen, wenn die Stadt Kredite auf dem freien Markt aufnimmt? Auf Anfrage konnte die Finanzverwaltung dazu keine Angaben machen.
Die Biersteuer bringt 10 Millionen Euro
Angesichts des massiven Schuldenstands und Investitionsbedarfs der Stadt nehmen sich die Steuereinnahmen geradezu klein aus: 28,8 Milliarden Euro will Berlin laut Haushaltsplan bis Jahresende über Steuermittel eingenommen haben. Laut Haushaltsplan soll jedenfalls das meiste Steuergeld aus der Umsatzsteuer eingenommen werden (8,6 Milliarden Euro), gefolgt von der Lohnsteuer (5,1 Milliarden) sowie der Gewerbesteuer (2,65 Milliarden). Auf die Einkommensteuer entfallen 1,46 Milliarden, auf die Grunderwerbsteuer 1,28 Milliarden Euro und auf die Erbschaftsteuer rund 500 Millionen Euro. Die Biersteuer bringt immerhin noch 10 Millionen Euro ein. Ob tatsächlich so viel Steuergeld bis Jahresende eingenommen wird, ist ebenfalls unklar.
Wichtigster Ausgabenkostenpunkt für die Stadt sind weiterhin Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur: Die schlagen dieses Jahr mit insgesamt 10,9 Milliarden Euro zu Buche. Davon entfallen rund 6,9 Milliarden Euro auf die allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie rund 2,1 Milliarden auf die Universitäten. An zweiter Stelle stehen die Sozialausgaben: Rund 10 Milliarden Euro gibt Berlin unter anderem für Arbeitslosenhilfe, Bürgergeld, Kindertagesbetreuung, Wohn- und Heizungsgeld sowie Familien-, Kinder- und Jugendhilfe aus.
Auf den Bereich „Allgemeine Dienste“ entfallen knapp 8 Milliarden Euro. Von diesem Budget wird die Verwaltung der Stadt finanziert – rund 1,87 Milliarden Euro davon entfallen auf die Polizei. Weitere Posten sind die „Finanzwirtschaft“ mit rund 4 Milliarden Euro (Rücklagen: 920 Millionen Euro, Ausgabe von Schulden: 1,1 Milliarden), „Verkehrs- und Nachrichtenwesen“ (2,89 Milliarden, davon rund 2,2 Milliarden für Eisenbahnen und ÖPNV), „Gesundheit, Umwelt, Sport und Erholung“ (rund 1,3 Milliarden), „Wohnungswesen“ (1 Milliarde) sowie „Energie- und Wasserwirtschaft, Gewerbe und Dienstleistungen“ (1 Milliarde).
Die Linksfraktion plädiert nun dafür, durch Steuererhöhungen und Haushaltseinsparungen mehr Geld für Investitionen freizumachen. Durch eine Anhebung der Grunderwerbs-, Übernachtungs- und Zweitwohnungssteuer sowie durch eine konsequentere Steuerdurchsetzung sollen 115,6 Millionen Euro im Jahr 2024 und 120,3 Millionen Euro im Jahr 2025 eingenommen werden. Zudem fordert die Linksfraktion, dass Investitionen in den IT- und Sicherheitsbereich um 50 Millionen zurückgeschraubt werden. Sie tritt ein für eine spätere Tilgung der Corona-Kredite, die derzeit mit 270 Millionen Euro im Jahr zu Buche schlagen.
Zudem sollen den Linken zufolge Investitionsausgaben in Höhe von mindestens einer Milliarde Euro eingefroren werden, um soziale Träger und den kommunalen Wohnungsbau weiter finanzieren zu können. Doch kann sich Berlin solche Ausgaben und Projekte überhaupt noch leisten? Das steht auf einem ganz anderen Blatt.