Die Bilder sind beeindruckend: In dem Versuchsaufbau fängt eine Autobatterie an zu rauchen. Dann gibt es eine Flamme, die zur Stichflamme wird – wie bei einer Feuerwerksbatterie. 1000 Grad Celsius werden frei. Das ist eines der Probleme, mit denen es Feuerwehrleute zu tun haben, wenn ein Kurzschluss in einer Batteriezelle dafür sorgt, dass ein Elektroauto in Windeseile in Flammen steht. Eine Fachtagung in dieser Woche in Berlin räumte allerdings mit mehreren Katastrophen-Mythen, die brennende E-Autos betreffen, auf. Für die Zusammenkunft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Oberschöneweide waren am Dienstag und Mittwoch Hunderte Feuerwehrleute aus dem gesamten Bundesgebiet angereist.

Immer wieder mal muss die Berliner Feuerwehr E-Autos löschen. Zuletzt brannten am 7. Februar in Lichtenberg zwei Tesla. Die Elektrofahrzeuge mussten danach auf Quarantäne-Parkplätze der Berliner Polizei abgestellt werden, da nicht auszuschließen war, dass sich ein Akku wieder entzünden könnte. 2022 brannte in Spandau ein Elektro-Mini. Das Löschen der Batterie war nicht möglich, sie entzündete sich immer wieder, trotz Kühlung durch Löschwasser. Erst nach über vier Stunden war die Einsatzstelle unter Kontrolle. Es war das erste und bislang einzige Mal in Berlin, dass ein E-Auto wegen der Batterie in Brand geriet.

Besser als ihr Ruf

Für Feuerwehrleute sind brennende Elektrofahrzeuge eine Herausforderung. Unmengen an Wasser wurden schon verspritzt, um sie zu löschen. Von giftigen Dämpfen ist die Rede, sogar von weggeätzten Schuhsohlen, die mit Löschwasser in Berührung kamen. Von einer Autofahrerin, die angeblich nicht aus einem brennenden Kfz geborgen werden konnte, weil es sich um ein E-Auto handelte. Doch das ist offenbar ein Mythos, wie das Institut für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrothsberge bei Magdeburg herausfand.

Die Ingenieure verbrannten für eine Studie zwölf vollelektrische E-Autos, die BMW, Opel und Mercedes zur Verfügung gestellt hatten. Und die Ergebnisse sind überraschend. Sieht man von der schlechten Umweltbilanz bei der Herstellung eines E-Autos ab und von anderen Unannehmlichkeiten, dann sind E-Fahrzeuge beim Brandschutz besser als ihr Ruf.

Laut Kraftfahrtbundesamt waren allein in Berlin im vergangenen Jahr mehr als 35.600 reine Elektrofahrzeuge zugelassen. Hinzu kommen rund 28.400 Plug-in-Hybrid-Wagen. Wer mit ihnen herumfährt, riskiert allerdings seltener, dass sein Fahrzeug Feuer fängt. Daten aus verschiedenen Ländern sollen das beweisen. Nach einer Untersuchung des Helmholtz-Instituts Münster kommen beim klassischen Verbrennungsmotor auf eine Milliarde gefahrener Kilometer 90 Fahrzeugbrände. Bei Elektrofahrzeugen sind es nur zwei.

Laut der schwedischen Zivilschutzbehörde liegt die Brand-Quote bei Verbrennern bei 0,076 Prozent (Mai 2023). Bei Elektroautos liegt sie nur bei 0,004 Prozent – also 19-mal niedriger. Eine norwegische Untersuchung von 2021 ergab bei Verbrennern ein viermal höheres Risiko. Die US-Bundesbehörde National Highway Traffic Safety Administration ermittelte 2022 ein noch deutlicheres Ergebnis: Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor brennen 61-mal so häufig, Hybridfahrzeuge mit ihren komplizierten und deshalb störanfälligen Konstruktionen sogar 139-mal so häufig.

Batterien können sich aus verschiedenen Gründen entzünden: durch Überladung, einen Unfall oder Alterung. Ein Kurzschluss in einer Zelle löst ein „thermal runaway“ aus – eine Überhitzung aufgrund eines sich selbst verstärkenden Wärme produzierenden Prozesses, der auf alle Batteriezellen übergreift.

Bei den Brandversuchen in Heyrothsberge haben sich die Techniker auf die Löschung von Vollbränden konzentriert, die von der Batterie ausgegangen waren. Die Ergebnisse sind erstaunlich. Denn bislang dachte man, dass sehr viel Wasser nötig sei. „Es herrscht eine emotional sehr aufgeladene Debatte“, sagte Michael Neske, der die Versuche leitete, bei seinem Vortrag. „Wir wollten mit Mythen aufräumen, die man auch in der Presse liest und eine Versachlichung der Diskussion erreichen.“

Um einen Kurzschluss in der Batterie zu erzeugen, schlugen die Feuerwehrleute einen Metalldorn in eine Zelle ein. Es gab einen Kurzschluss mit massiver Wärmefreisetzung, ein „thermal runaway“ wurde ausgelöst. Wegen der Wärme traten die Gase der Elektrolyte aus. Diese sind brennbar und entzünden ein Elektroauto schnell.

Zehn bis 15 Minuten nach Auslösen des Kurzschlusses hatten sich die Flammen über das ganze Auto ausgebreitet. Steht das Fahrzeug in Vollbrand, hat ein Großteil des Batteriesystems allerdings bereits „ausreagiert“. Vier Fahrzeuge wurden mit Hohlstrahlrohren gelöscht. Bei anderen Autos wurde das Wasser mit Löschlanzen in die Batterien eingebracht, um zu kühlen, andere wurden mit feuerfesten Decken zugedeckt. Letztere beiden Löschmethoden gelten nur bedingt als geeignet.

Beim Löschen gingen die Feuerwehrleute mit zwei Trupps vor. Das Löschen mit dem Strahl erfolgte aus fünf Metern Entfernung – zunächst mit 135 Liter Wasser pro Minute und Schlauch, was einen Verbrauch von 6000 Litern ausmachte. Doch ein großer Teil des Wassers floss ungenutzt ab. Dann verspritzten sie 1550 Liter Wasser und zum Schluss 960 Liter beziehungsweise 60 Liter pro Minute und Schlauch. „Der Löscherfolg war nicht schlechter“, so Neske. Mangels Erfahrung nehme man bislang viel Wasser und erreiche wenig. Selbst Tesla gebe an, dass 12.000 Liter nötig seien.

60 Liter pro Minute und Schlauch – das ist so viel wie bei einem herkömmlichen Auto. Aus der Entfernung war die Brandintensität schon nach einigen Minuten stark reduziert, sodass man an das Auto herantreten und auf Sprühstrahl wechseln konnte. Die Versuche zeigten, dass ein vollständiges Ablöschen aus der Entfernung nicht möglich ist. In seinem Vortrag verwies Neske auf viele Videos im Internet, wo aus der Entfernung versucht wurde, mit riesigen Wassermengen ein Auto zu löschen. Da herrsche eine große Unwissenheit, so der Ingenieur.

Und so sind die veröffentlichten Forschungsergebnisse auch für die Berliner Feuerwehr neu, wie Rolf Erbe unumwunden einräumt. Der Brandoberamtsrat lehrt in Berlin an der Feuerwehrakademie und leitete die Tagung an der HTW. „Die Gefahrenpotenziale für die Einsätze bei Fahrzeugen mit Alternativantrieben sind eben nicht größer, sondern anders als bei Fahrzeugen mit herkömmlichen Antrieben“, sagt er. Daher erfordere der Umgang im Einsatzfall mit diesen Fahrzeugen eine umfangreichere Erkundung, Grundwissen zu den möglichen Gefahren und die richtige Einsatztaktik.

Erbe sieht hingegen ein viel größeres Problem, das ebenfalls Thema der Fachtagung war: der unsachgemäße Umgang mit Wechsel-Akkus, etwa von Zweirädern wie Fahrrädern und E-Scootern. „Deshalb haben wir immer wieder Wohnungsbrände, und wir befürchten, dass es noch mehr werden.“

Heikle Glückwunschkarten

Die Akkus von E-Bikes zum Beispiel sollte man nur unter Aufsicht laden und dort, wo nicht der Fluchtweg abgeschnitten ist, empfiehlt er. So war es kürzlich in Wedding, als ein Mann in seiner Wohnung einen Boots-Akku lud. Es gab einen Knall, und sofort brannte der ganze Flur. Der Mann konnte sich auf den Balkon retten und die Feuerwehr holte ihn dort herunter.

In Kreuzberg hatte jemand zwei Akkus zusammengebastelt, um sein E-Bike zu „tunen“. Auch diese gingen in Flammen auf, und die Wohnung brannte. „Es ist aber nicht so, dass Batterien per se gefährlich sind“, sagt Erbe. „Ohne E-Mobilität geht es nicht.“ Eine Entwicklung kann die Feuerwehr aber noch nicht absehen: Was ist, wenn die Batterien der E-Autos altern?

Ein weiteres Problem sieht der Brandoberamtsrat in der falschen Entsorgung von Batterien. Denn Lithium-Ionen-Energiepakete befinden sich nicht nur in E-Bikes, sondern auch in Laptops oder Handys und auch in Glückwunschkarten, die beim Aufklappen „Happy Birthday“ dudeln. Wiederholt brannten in der Vergangenheit Abfallsortieranlagen, weil Batterien im Müll lagen, durch Müllpressen beschädigt wurden und in Brand gerieten. Falsch entsorgte Batterien und Akkus seien inzwischen das größte Brandrisiko in der deutschen Entsorgungswirtschaft, warnt deshalb auch der Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft.