Elektroautos sind hierzulande bekanntermaßen nicht gerade Verkaufsschlager. Im vergangenen Jahr war die Nachfrage im Vergleich zu 2023 um 27,4 Prozent eingebrochen. Neben den vergleichsweise hohen Preisen für E-Autos ist vor allem das Laden der Fahrzeuge vielen Verbrauchern ein Dorn im Auge. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov spricht für 40 Prozent der Befragten die schlechte Ladeinfrastruktur gegen den Kauf eines Stromers.

Bis zu 90 Cent je Kilowattstunde


Doch nicht nur die fehlende Ladeinfrastruktur ist ein Ärgernis für die Autofahrer, auch die Ladepreise gehen seit Beginn des Jahres durch die Decke. Laut einer Mitteilung des ADAC haben seit der Energiekrise 2022 „fast alle Anbieter ihre Preise deutlich angehoben – einige um fast ein Drittel“. Unter 40 Cent pro Kilowattstunde würden E-Auto-Fahrer unterwegs selten Energie erhalten, berichtet der ADAC. Zudem verliere man durch die Vielzahl an Anbietern und Tarifen den Überblick. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) fordert in einem Brief daher Maßnahmen von der Politik. Endkunden, die auf öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen sind, dürften „nicht durch hohe Preise und komplizierte Tarifmodelle benachteiligt“ werden.

In dem Schreiben, das der Berliner Zeitung vorliegt, fordert der VDA „Maßnahmen zur Preistransparenz sowie zur Entlastung der Verbraucherinnen und Verbraucher“ wegen der hohen Kosten und der zunehmenden Komplexität beim öffentlichen Laden von Elektroautos. „Für die Mobilitätswende ist entscheidend, dass das Laden von Elektrofahrzeugen einfach und transparent ist und vor allem einen Preisvorteil bietet“, wird VDA-Präsidentin Hildegard Müller in der Mitteilung zitiert.

Öffentliches Laden koste in der Regel zwischen 60 und 90 Cent je Kilowattstunde und damit „zwei bis dreimal mehr als beim privaten Laden daheim“, heißt es. Auch innerhalb des Angebots an öffentlichen Ladepunkten könne es eine enorme Preisdifferenz über die Orte, Anbieter und Tarife hinweg geben. Die Preise reichen laut VDA von etwa 30 Cent pro Kilowattstunde, etwa an Supermärkten, bis zu knapp 90 Cent. „Hinzu kommt, dass Verbraucher heute oft mehrere Ladeverträge benötigen, um günstige Tarife nutzen zu können.“ Das betreffe vor allem diejenigen, die keine Möglichkeit hätten, zu Hause oder am Arbeitsplatz zu laden.

Der Ladesäulencheck des Stromanbieters Lichtblick für das Jahr 2024 zeigt, dass die öffentlichen Ladepreise pro 100 Kilometer durchschnittlich sogar teurer sind als eine 100-Kilometer-Tankfüllung für Verbrenner. Während Verbraucher für 100 Kilometer Reichweite bei einer Tankfüllung 10,38 Euro bezahlen, sind es bei Normalladestationen 10,85 und bei Schnellladestationen 12,88 Euro. Bei einigen Anbietern zahlen E-Auto-Fahrer sogar rund 15 Euro für eine 100-Kilometer-Ladung.

Aus Sicht des VDA braucht es dringend Lösungen, die den Umstieg auf die Elektromobilität erleichtern, nicht erschweren – gegenwärtig sei das zu komplex. „Und für die gleiche Menge Strom teils das Dreifache zu zahlen, ist schlichtweg nicht tragbar“, kritisiert Müller.

Der Verband spricht sich daher in seinem Schreiben für eine Senkung der Stromnebenkosten aus, darunter Netzentgelte, Steuern und Abgaben. Diese würden einen wesentlichen Teil der hohen Ladepreise ausmachen. „Eine Reduzierung der Stromsteuer auf den europäischen Mindestsatz wäre ein erster wichtiger Schritt, um die Kosten für die Verbraucher zu senken“, erklärt Müller.

Darüber hinaus seien ein bedarfsgerechter Netzausbau und Anreize für eine bessere Netzauslastung für den Erfolg des Ausbaus der Ladeinfrastruktur notwendig. Laut dem Plan der ehemaligen Ampel-Regierung sollen bis 2030 insgesamt eine Million öffentliche Ladepunkte in Deutschland installiert sein. Doch bislang sind Angaben der Bundesnetzagentur zufolge nur knapp 162.000 Ladesäulen in Betrieb (rund 125.400 Normal- und 36.300 Schnellladepunkte).

„Wir appellieren an die Politik, die Weichen für eine flächendeckende und transparente Ladeinfrastruktur zu stellen – das ist ein entscheidender Schlüssel für den Erfolg der Elektromobilität“, so Müller weiter. Darüber hinaus schlägt der Autoverband die Schaffung eines Vergleichsportals für Ladetarife vor. Dies würde den Verbrauchern Wahlmöglichkeiten bieten. Ein unabhängiges Vergleichsportal für Ladetarife – ähnlich wie bei Tankstellen – sei ein zentraler Schritt, um das Vertrauen in die Ladeinfrastruktur zu stärken und Transparenz zu schaffen. Die EU-Vorgabe AFIR schreibe Transparenz und Angemessenheit bei Ladepreisen vor, betont der VDA. Dies müsse „konsequent umgesetzt und konkretisiert“ werden.

Hohe Standgebühren


Zu guter Letzt prangert der Branchenverband „unnötige Stand- und Blockiergebühren“ an öffentlichen Ladepunkten an. Bei einigen Anbietern fallen nach geraumer Ladezeit Gebühren an. Damit soll eine Belegung von Ladestationen mit nicht ladenden E-Fahrzeugen reduziert werden. Eine Leserin der Berliner Zeitung hatte ihrem Ärger darüber bereits Ende 2024 Luft gemacht, da sie „mitten in der Nacht den Parkplatz räumen“ müsse – und das trotz leerer Ladeplätze und obwohl ihr Auto längst nicht voll geladen sei. Dadurch werde das E-Auto „praktisch unbrauchbar“ für diejenigen, die keine eigene Ladestation zu Hause hätten, klagte sie.

Die Erhebung von Blockiergebühren dürfe erst nach Abschluss des Ladevorgangs erfolgen, kritisiert der VDA. Weiterhin dürfe es keine Gebühren während der Nachtruhezeit in Wohngebieten geben. Laut VDA-Chefin Müller darf der Kunde nicht durch Gebühren zusätzlich belastet werden, die keine klare Funktion haben.